Wie Schlafmangel ein frischgebackenes Elternpaar kreativ machte

Kurz nach ihrem Umzug von Neuseeland nach Australien im Jahr 2013, bekamen Lilly and Leon Mackie ein Baby. Tausende Kilometer entfernt von Freunden und Familie, umgeben von leeren Umzugskartons und ohne Sozialleben, hatte sie eine Idee. Eine Idee, die nicht nur Abwechslung in ihren scheinbar öden Alltag brachte, sondern auch für eine Welle der Begeisterung im Netz sorgte und zudem eine ganz eigene Familientradition in Gang setzte.

„Nach einem halben Jahr in dem wir viele Samstagabende zu Hause verbrachten und in dem wir keinen Babysitter hatten, wurde uns etwas langweilig.“ erzählt Leon. „Wir beschlossen ein Familienfoto zu machen im Stil von Die Tiefseetaucher (The Life Aquatic)“ mit ihrem sechs Monate alten Sohn Orson am Steuer des U-Boots. Die Mackies entschieden sich für diese Szene des Kultfilms, da die ausdruckslosen Gesichter nur zu gut zeigten, wie sie sich selbst fühlten. Leon erklärt: „Als frischgebackene Eltern litten wir unter ziemlichen Schlafmangel und so wie auf dem Foto sahen wir im Prinzip jeden Tag aus.“ Das Foto war der totale Hit bei Freunden und Familie zu Hause in Neuseeland. Also machten sich Lilly und Leon ihre Liebe zum Film und die herumstehenden Umzugskisten zunutze und kreierten jede Woche ein neues Familienfoto.

The Life Domestic
Wah Wars

Nach einigen Monaten erstellen sie einen Blog mit dem Titel Cardboard Box Office, der schnell mehrere hundert Follower hatte. Als aber ein Freund kurz vor Weihnachten 2013 einen Link auf die Internetseite Laughing Squid stellte, änderte sich alles schlagartig. „Innerhalb drei Tage hatten wir rund 30.000 Follower auf Facebook and wir tauchten in allen großen Nachrichtenkanälen der Welt auf – so schien es zumindest.“ erinnert sich Lilly. An Weihnachten hatten sie dann noch drei Interviewtermine bevor sie die ersten Geschenke aufmachen konnten.

18 Monate später haben die Mackies rund 70 Filmszenen nachgestellt und haben noch immer nicht die Lust an ihrem Projekt verloren. Sie wurden sogar für den Webby nominiert. Aber der Erfolg hat ihre Arbeitsweise nicht verändert. Sie weigern sich nach wie vor mehr als $30 für ein Fotoshooting auszugeben. Statt teure Requisiten zu kaufen, bauen sie die Sets mit Sachen, die sie ohnehin schon zu Hause haben und die fast immer aus viel Karton und Klebeband bestehen.

The Little Lebowski
"Potty Time, Excellent!"

Ein typisches Shooting beginnt meistens Samstagmittag mit der Überlegung, welcher Film diese Woche nachgestellt werden soll. „Wir suchen nur Filme aus mit denen wir groß geworden sind, also aus den 80ern oder 90ern.“ erklärt Leon. Meistens übernimmt er dann den Entwurf des Sets während Lilly mit Orson spielt. Lilly erzählt: „Das Set aufzubauen kann manchmal bis zu fünf Stunden dauern, abhängig von der Größe. Ziel ist es, das Foto vor Orsons Schlafenszeit zu machen, so gegen acht Uhr abends.“

Orson ist mittlerweile 2 Jahre alt und bestens mit dem Prozedere vertraut. Er freut sich nicht nur, sich selbst auf den Fotos zu entdecken, sondern auch auf dem Set zu spielen. „Er liebte die Turmuhr in Zurück in die Zukunft (Back to the Future). Und er liebte den Hubschrauber den wir für M*A*S*H gemacht haben.“

Back to the Cute-ture Part II
M*U*S*H

Obwohl Lilly und Leon beide betonen, dass sie nicht die Absicht haben, einen Filmschaffenden aus ihrem Sohn zu machen, müssen sie selbst über die Namensverwandtschaft mit Orson Welles schmunzeln, der berühmte Regisseur von Citizen Kane. Doch der heimliche Star der Cardboard Box Office-Serie ist wohl Gundy, der Teddybär. „Leute suchen mittlerweile nach ihm und wenn er nicht in einem Foto auftaucht, erhalten wir viele Kommentare mit der Frage wo er sei.“ erzählt Lilly. Nachdem ihre Mutter einen zweiten, identischen Bär gekauft hatte, hatten Gundy und sein Klon den ersten Autritt als Zwillinge in The Shining.

The Whining
The Toddlerfather

Lilly und Leon sind oft sehr gerührt von dem Feedback, das sie aus aller Welt erhalten. Manche schreiben, dass die Fotoserie sie inspiriert hätte, selbst kreativer zu werden und häufiger Dinge mit ihren Kinder zu bauen. Viele sagten auch, dass die Fotos sie zum Lachen bringen. „Die Aufmerksamkeit der Medien ist natürlich toll, aber es sind diese Kommentare für die sich die ganze Arbeit lohnt.“ sagt Leon.

Junior-assic World

Für Lilly haben die Fotos mittlerweile eine persönliche Bedeutung. „Diese Fotos zu machen wurde – rein zufällig – zu unserer Familientradition. Und auch wenn wir vielleicht nicht jedes Wochenende bis zu unserem Lebensende eines machen, ist es zumindest momentan unsere Tradition und es wird toll sein, eines Tages darauf zurückblicken zu können.“

Besucht Lillys und Leons Photostream, um mehr ihrer Fotos zu sehen.

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Stella Jost

Stella ist Community Managerin für Flickr und verfasst Beiträge für den Flickr Blog. Sie lebt und arbeitet in München.

Stella is a Community Manager for Flickr and an editor on the Flickr Blog. She lives and works in Munich, Germany.