Kevins Wahl fiel in unserem ersten Interview auf Steph, und deshalb haben wir uns für das zweite 5-Fragen-Interview auf den 5.594 km weiten Weg von Brighton, England nach New York, USA gemacht.

Sehr geehrte Damen und Herren, bitte heißt Steph Goralnick herzlich willkommen.

1. Wir wissen, dass dies eine schwere Frage ist, aber wenn Du nur eine Kamera auswählen müssten, mit der Du ab sofort bis zum Ende aller Tage fotografieren müsstest, welche würde das sein?

    

Steph: Was für mich am wichtigsten ist, ist die Idee hinter dem Bild, nicht das jeweilige Werkzeug, das für die Aufnahme benutzt worden ist. Ich verwende alles von der Canon 5Düber die Holga und digitale Point-and-Shoot-Cameras bis hin zu historischen Kameras, die ich auf Ebay für 99 Cents bekommen hab. Jede von ihnen hat natürlich ihre Vorzüge, aber in gewisser Hinsicht sind sie alle gleich. Es kann befriedigend sein, sich auf einen Kampf mit der Natur einzulassen und sich mit der Tatsache abzufinden, dass selbst eine handfeste Kamera unzulänglich ist. Keine Chance das so zu sagen, dass es nicht lächerlich kitschig oder absurd neumodisch (oder noch schlimmer) klingt: eine sehr ruhige, ausgeglichene Freundin (stellt euch eine Yogalehrerin vor, die die Kunst der Thai-Massage erlernt), die ich auf einer Reise in Israel getroffen habe, hat mich mal dabei beoachtet, wie ich mich abkämpfte, um die vor uns liegende Szenerie zu fotografieren, als wir durch einen Bach einen Berg hoch dem Sonnenuntergang entgegenwanderten. Sie schlug vor, dass ich eine andere Kamera benutzen könnte. Eine, die nicht unbedingt hilfreich bei der alltäglichen Fotodokumentation ist. "Mach einfach ein Foto in Deinem Geist", sagte sie während sie eine Hand auf mein Objektiv legte und die andere dem Himmel entgegenstreckte. Bisher habe ich ungefähr vier dieser geistigen Fotos gesammelt, die mir von Zeit zu Zeit entfallen. Auch wenn Du sie nicht behalten kannst, scheinen sie irgendwie beständiger zu sein.

2. Eine (möglicherweise) schwere Frage… Nenn uns Deine Lieblingsfotos auf Flickr und warum Du sie magst. Als erstes die Lieblinge aus Deinem Fotostream…

Steph: Ich genieße es unglaublich, Portraits zu machen. Einige der Fotos, die ich am liebsten mache und mit meinen Freunden teile, sind verrückte Bilder von meinen Freunden, auf denen sie den größtmöglichen Spaß haben. Es ist allerdings unheimlich schwer, nur eines auszuwählen, das mir am besten gefällt.

Ein Bild, das in meinen Augen wirklich hervorsticht, ist ein Portrait, dass ich am Pratt Institute vom hoch geschätzten Design-Professor Charles Goslin gemacht habe. Er hasste es, fotografiert zu werden, also war es eine große Herausforderung. Jahre später sagte er mir amüsiert, dass es sein Lieblingsfoto von ihm ist. Als er im letzten Frühling verstarb, kontaktierte mich der Design-Fachbereich des Pratt, um das Bild zu bekommen. Später fand ich heraus, dass sie das Foto vergrößert und einen Flur mit Kopien versehen hatten. Sie erzählten mir, dass Schüler die großen Portraits besuchten, um zu ihnen zu sprechen und Kritik für ihre Arbeit und Anleitung für ihr Leben zu suchen. Charlie war einer der cleversten und ehrlichsten Menschen, die ich je kannte, und er war immer der beste Berater. Ich habe das Foto in Gedenken an ihn bei Flickr hochgeladen, und manchmal, wenn ich das Gefühl habe in meiner kreativen Karriere festzustecken, schaue ich mir – egal, wo in der Welt ich mich gerade befinde – das Foto an und versuche mir vorzustellen, was er mir sagen würde.

…und von anderen Flickr Mitgliedern?

Steph: ZWEI Fotos aus allen auf Flickr?! Du machst wohl Witze. Schließen wir einen Kompromiss und ich gebe Dir zwei Alben. Das erste ist ein Urlaubsfotoprojekt von Ilya Ruderman, das mich reizt. Es heißt DoubleShots; zwei Leute stehen sich gegenüber, als würden sie sich duellieren wollen, und schießen dann gleichzeitig ein Foto voneinander. Die Diptychons habe eine Eigenheit, die irgendwie einen Schritt weiter geht als die gewöhnlichen Urlaubsfotos Deines vor einem Denkmal stehenden, lächelnden Freundes.

Fotos, die auf den ersten Blick banal erscheinen und dann nach einem zweiten Blick verlangen, um eine tiefere Bedeutung zu finden, mag ich sehr. Als Grafikdesignerin mit einer Haßliebe (hauptsächlich Haß) für Anzeigen, liebe ich die Arbeiten von the_decapitator.

3. Welchen speziellen Tipp würdest Du jemandem geben, der gerade mit dem Fotografieren anfängt?

Steph: Lass die Anleitung in der Schachtel. Nimm die Kamera und hab sie ein Jahr lang immer dabei, egal wohin Du gehst, und fotografiere jeden Tag irgendetwas. Ich habe mit einer digitalen Spiegelreflexkamera umzugehen gelernt, indem ich jeden Tag nach der Arbeit 40 Häuserblöcke nach Hause gelaufen bin und auf dem Weg fotografiert habe.

4. Wenn wir Leute für eine Anstellung beim Team Flickr interviewen, fragen wir immer : “Kätzchen, Babys, Sonnenuntergänge oder Blumen? Wähl eins aus.”

Steph: Ich bin glücklich, jeden Tag einen neuen Sonnenuntergang erleben zu können. Jeden Tag ein neues Baby zu kriegen, könnte mich etwas überfordern.

5. Welchem Flickr Mitglied sollten wir diese Fragen als nächstes stellen?

Steph: Ich liebe die traumhaften Szenen und eigenartigen Experimente, die Olivia Wright, auch bekannt als Perpetually, in Szene setzt. Von peeing in nature bis hin zu wacky portrait sessions hat sie viele Geschichten zu erzählen.

Heather: Vielen Dank, Steph. Die Reise der 5 Fragen durch das Flickrversum wird weitergehen, wenn wir als nächstes Perpetually interviewen.

Fotos von sgoralnick, Ilya Ruderman, decapitator und Perpetually.